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05.12.2009 Erfurt - Jan Josef Liefers Bericht & Fotos: Kerstin Kühn
Ist einer der beliebten deutschen Schauspieler auf musikalischen Abwegen? Aus allen Fernseh- und Rundfunkkanälen tönt momentan bis zum Weghören: Zwanzig Jahre Mauerfall. Da hat doch noch so Mancher etwas beizutragen, warum nicht auch ein begnadeter Schauspieler. Die alte Oper Erfurt bis auf den letzten Platz ausverkauft. Das klingt nach einer besonderen Veranstaltung. Immerhin: Jan Josef Liefers, der von vielen Tatort-Fans geliebt Prof. Boerne, gibt sich die Ehre. Der Titel der Veranstaltung: „Soundtrack meiner Kindheit“ und das Wissen darum, das JJ auch singt, lässt einiges erwarten. So mancher der hier Sitzenden wird wohl vor allem aus Neugier auf den singenden Schauspieler gekommen sein. Oder warum schaffen z.B. City, Karat u.a. kein ausverkauftes Haus?)  Unser Besuch dieses Konzertes war lange geplant, die Karten frühzeitig gekauft. Nachdem wir vor anderthalb Jahren das Konzert in einer abgespeckten Open-Air- Version schon einmal gesehen hatten, wussten wir, was uns erwartet. Als bekennender Ostrock-Fan, der sich viele der Originale schon mehrfach angetan hat, weiß ich natürlich, dass es für Jan Josef schwer sein würde, dagegen zu bestehen. Aber momentan boomen Coverbands des Ostrock ja geradezu. Da lässt sich auch der Marktwert noch steigern, wenn man es gut macht. Und Covern muss ja kein reines Nachspielen sein, wie z.B. ostende vergangene Woche erst wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.  Nun also heute Erfurt und Jan Josef Liefers: Pünktlich um 19:30 schließen die Türen des Saales und die Show beginnt. Der Held des Abends betritt die Bühne und als Meister Nadelöhr erzählt er uns: „Es war einmal…“ Klingt nach Märchenstunde. Dazu begleitet ihn die Band – die Orgel beginnt, Schlagzeug, Bass und Gitarren stimmen nacheinander ein: mit „Türen öffnen sich zur Stadt“ von den Puhdys. JJ singt. Das klingt gut. Anschließend verfällt der Schauspieler Liefers ins Plaudern, erzählt aus Kindheit und Jugend in Dresden und der kleinen DDR, manchmal für meine Begriffe etwas sehr bewusst an der Grenze des guten Geschmackes. Schließlich hatte ja auch er gerade in dieser DDR die Chance, das zu werden, was er heute ist – ein grandioser Schauspieler. Und irgendwie kann ich mich des Eindruckes nicht erwehren, dass das Konzept für diese Tour bewusst gegen den Oststaat angelegt ist, denn damit kann man ja wohl auch im Westen unseres Landes ganz gut punkten. Und dort werden diese Passagen, wie zu hören war, dann auch noch etwas weiter ausgebaut. Doch genug davon. Es ist die Sichtweise von Jan Josef Liefers auf seine Vergangenheit und das muss man respektieren.  Immer wieder werden die Erzählpassagen aufgelockert durch Einspiele, die oft made by Stefan Raab, sarkastisch erscheinen und auch nicht die Lacher erzeugen, die erhofft sind. Doch dann rockt die Band wieder einen der vielen bekannten und auch weniger bekannten Osttitel. Die Musik ist gut aufgearbeitet, die Titelauswahl beläuft sich nicht nur auf die altbekannten Sachen, die von vielen Leuten gecovert werden, auch richtige Schätzchen wurden da ans Tageslicht gehoben, von Manfred Krug bis Andre Herzberg, von Lift über Renft und Karat bis zu den Puhdys. Dass Jan Josef dank seiner Frau Anna eine besondere Nähe zu Silly entwickelt hat, erscheint mir ebenfalls mehr als logisch. Und irgendwie passen die Texte ja auch in seinem Buch gut zu den erzählten Episoden. Auch aus seinem Buch wird rezitiert. Ja, Jan Josef bemüht sich sehr, um einen runden und gelungenen Abend und das Publikum scheint ihm irgendwie Recht zu geben.  Und doch habe ich das Gefühl, für ein Rockkonzert ist der Funke nicht wirklich übergesprungen. Da haben wir schon ganz andere Konzerte erlebt. Auch die an sich fantastische Idee mit Werther Lohse als special guest für die Liftsongs brachte irgendwie nicht die beabsichtigte Wirkung, schade. Hier bestätigt sich eigenartigerweise mein schon häufiger gewonnener Eindruck, in Thüringen finden die Rocker nicht wirklich ein begnadetes Publikum. Thüringen ist eben eher die Heimat des Blues. Da geht in Sachsen oder Brandenburg die Post ganz anders ab.   Alles in allem ein gelungener Abend und eine nette Veranstaltung, zumal sich Jan Josef (trotz seiner Erkältung) und die Band im Anschluss noch sehr viel Zeit für Autogramme und Gespräche nahmen.   Natürlich, und das hatte ich eigentlich im Vorhinein erwartet, konnte das Coverbandkonzert Nummer zwei innerhalb einer Woche mit dem ersten nicht mithalten. Die Vorgaben lagen sehr hoch. Und ein begnadeter Schauspieler ist eben noch kein begnadeter Sänger, wie umgekehrt. Wie sagte schon meine Großmutter: „Schuster bleib bei deinem Leisten.“