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03.10.2009 Forst - Stern Akustisch
Bericht: Agnes / Fotos: Kathrin Neugebauer
„Die Sterne sind für alle“. Wenn ich Richterin wäre, gebe es von meiner Seite her
keinen Einspruch dagegen zu erheben. Doch in diesem Fall bin ich das nicht. Und
so wird Stern-akustisch nun doch zum 31.12.2009 zu meinem großen Bedauern
gezwungener Maßen der Garaus gemacht. Und weil dem so ist, wollte ich an einem
der vor-vorletzten Konzerte teilhaben. In Begleitung von Petra ging' s auf zum
„Manitu“ nach Forst.
Nach einer etwas holprigen Anfahrt hielt der Abend einige schöne Überraschungen
für mich bereit. Zunächst war dort Casy, eine Freundin mit der ich bisher nur
virtuellen Kontakt hatte. Die Freude war groß, da wir uns an diesem Abend zum
ersten Mal sahen. Und zum zweiten war ich von Deutsche Mugge eingeladen und
durfte noch ganz kurz den Soundcheck miterleben. Dabei wanderten meine Augen
durch den Saal.
Wer da weiß, Wer oder Was Manitu ist, kann sich auch ein ungefähres Bild von der
Location machen. Ein Saloon mit indianischem Flair.
Im Saal verteilt standen zwei Indianerskulpturen und an der hinteren Wand rechts
neben der Bühne hingen zahlreiche eingerahmte Fotos von Künstlern, die dort
bereits auftraten - Eric Fish, Reinhard Fißler und auch IC Falkenberg solo, um einige
zu nennen. Und darüber hing „Bruno“; allerdings nur noch sein Bärenpelz. Irgendwo
soll es auch einen Marterpfahl geben. Der kam an diesem Abend aber nicht zum
Einsatz, obwohl es doch so etwas wie eine Henkersmahlzeit gab. Vorzüglich!.
Das Konzert begann ziemlich ungewöhnlich erst um 22 Uhr. Die Akustiker betraten
die Bühne und begannen wie auch schon in Dresden mit „Der weite Weg“. Gut
gewählt, haben sie doch mit diesem Projekt auch etwas Neues gewagt. Danach
begrüßte IC das Publikum mit „Guten Abend Forst“. Im Saal waren zahlreiche auch
nicht Forster versammelt.
Die Stimmung war anfangs noch ein wenig verhalten. Doch die Fünf auf der Bühne sorgten
mit ihrer ungeheuren Spiellaune dafür, dass diese auf das Publikum überschwappte.
Nicht nur ich wurde angesteckt. Ab und an schweiften meine Blicke durch die Menge und
ich bemerkte, dass Einige mitsangen und mitwippten.
Eine ganz Mutige traute sich sogar nach vorn, um ihrer Tanzeslust
zu fröhnen. Wer jetzt denkt, nach so einer Musik könne man gar nicht tanzen, der
irrt. Stern-akustisch haben es gerade mit ihren Adaptionen in den unterschiedlichen
Stilrichtungen geschafft, die Stücke gut tanzbar zu machen, sei es Latino oder
Swing.
Jeder Einzelne hat seinen berechtigten Platz in der Band; ein Micha Behm am
Schlagzeug, ein Frank Nicolovius am Klavier, ein Michael Lehrmann an der Akustik
Gitarre und ein Alexander Procop am Kontrabass. Und ein IC Falkenberg gibt den
teilweise schon etwas verstaubt schienenden Songs durch seine stimmlich markante
Interpretation eine neue Seele. Doch ohne Herrn Lehrmann und seiner Akustik
Gitarre wäre dieses Projekt wohl nicht das, was es ist. Trotzdem, nur im
Zusammenspiel Aller funktioniert das Ganze. Nein, sie haben es wahrhaft nicht nötig
Playback zu spielen. Natürlich kann es dann auch mal passieren, dass plötzlich ein
ganz anderer Song als angekündigt angespielt wird. Live ist live und dieser große
Unterschied ist dann wohl ganz genau zu hören. Und außerdem machen diese
kleinen Ereignisse jedes Konzert doch irgendwie einmalig.
Um noch einmal auf die teilweise verstaubten Songs einzugehen. Einige schienen
schon fast vergessen, so z.B. „Du komm her“ von Reinhard Fißler, einen damals wie
heute großartigen Musiker und Texter. Und auch der ihm gewidmete Song „Lass
mich hier nicht liegen“ fehlte an diesem Abend nicht.
Nun haben sich unter den ganzen Titeln auch meine Favoriten herauskristallisiert.
Aber gerade bei diesem Song habe ich eine Lieblingsstelle bzw. einen Lieblingston.
Dieser stammt von Micha Lehrmanns Gitarre. Es ist dieser ganz letzte hohe.
Nun zur Lieblingsstelle. Sie kommt, wenn man glaubt, der Song wäre schon zu Ende.
Aber dann gibt es da noch ein Nachspiel, bei dem IC mit seiner Gitarre einstimmt und
sich alle langsam, unterstrichen durch Micha Behms Schlagzeug, bis zum Höhepunkt steigern.
Ein phantastisches Zusammenspiel.
Der Klang der Akustik Gitarre zieht sich durchs gesamte Konzert und sticht an
manchen Stellen besonders hervor. So verleiht Michas Gitarrenspiel den Songs
manches Mal eine heitere sonnige und ein anderes Mal eine melancholische Note
und manchmal trifft beides aufeinander. Doch auch die anderen Instrumente glänzen
in ihren solistischen Passagen. Ja „das kann Wahnsinn sein“, wenn Franks Finger
nur so über die Tasten fliegen.
Und dann erst die schönheitlichen Zwischentöne.
Die könnten von mir aus noch kräftiger sein. Schaurig schön klingt es, wenn Alex mit
dem Bogen über die Saiten streicht und diese „sagenhaften“ ganz tiefen Töne spielt.
Er hätte sicherlich gut zum Titanic Orchester gepasst. Micha Behm bewies bei
diesem und den darauf folgenden Stücken, dass er nicht nur Qualitäten als
Schlagzeuger, sondern auch als Sänger hat.
Bei „Was bleibt“ übernahm er die Strophen und IC setzte im Refrain mit ein. Im „Schnee
und Erde“ Duett mit IC dominierte dann jedoch letztere Stimme hörbar.
Dafür bekam Micha dann noch fast zum Schlss sein Schlagzeugsolo und animierte
das Publikum zu „Heyo“ Rufen.
Da das Konzert an einem denkwürdigen Tag, dem 3.Oktober, Tag der Deutschen
Einheit stattfand, bekam gerade „Schnee und Erde“ mit seiner Anspielung auf die
damalige Zeit eines noch geteilten Deutschlands, eine besondere Bedeutung. Der
ursprüngliche Text sollte eigentlich „Das Land liegt weit in Zweisamkeit“ lauten. Um
eine drohende Zensur zu umgehen, wurde jedoch der „grüne Elefant“ „Ewigkeit“
eingebaut.
(Anmerkung: Damit revidiere ich meine Interpretation in meinem Bericht über das
Konzert in Dresden.)
Zum „Kampf um den Südpol“ erzählte IC dann folgende Geschichte. Als er das
Video damals sah, beneidete er den Sänger so sehr um seinen grünen Parka mit
der tollen Fellkapuze. Solcher war wohl nicht so leicht zu bekommen, in dem Land,
dass es nicht mehr gibt. So blieb ihm dieser Song scheinbar in besonderer
Erinnerung. Dass er einige Jahre später selber einmal an der Stelle des Sängers
sein würde, daran war da wohl noch nicht zu denken.
Was es aber noch bei keinem Stern-akustisch Konzert zuvor gab, war eine Art Quiz.
Micha Lehrmann begann zu spielen und ich erkannte den Song. Zumindest wusste
ich wie er anfängt nämlich mit „I see ...“. Durch gemeinsame Recherche mit Petra
kamen wir zum Titel „Bad moon rising“ von CCR. Einen anderen meinte ich noch
erkannt zu haben: „Rocking all over the world“. Und als Alex die ersten Töne auf
dem Bass zupfte, erriet ich Nirvana. Also von mir aus, können sie das wieder mal mit
einbauen.
Mit der allerletzten Zugabe wandelte sich „Der Weite Weg“ in „Mein Weg“ ... nach
Hause.
Alles in allem war es wieder ein unvergessener Abend mit viel Spiel-, Sanges- und
Tanzlaune. Ein bißchen Wehmut spielte auch mit. Wenn es dieses Projekt Stern-
akustisch auch im nächsten Jahr nicht mehr geben, weil die Friedenspfeife wohl
nicht mehr geraucht wird, was bleibt, sind meine Erinnerungen an die schönen
Konzerte. Ich bin stolz, dieses Kind, auf seinem Weg ein Stück weit begleitet haben
zu dürfen. Und ich finde alle, die daran beteiligt waren bzw. sind, gebührt Dank und
Respekt, weil sie dem Kind eine Lebenschance gegeben, aus den Babyschuhen
geholfen und alles dazu getan haben, dass es wachsen und reifen konnte, so dass
es zum Jahresende in die Volljährigkeit entlassen werden kann.
Stern-akustisch hat es geschafft, in kürzester Zeit erfolgreich zu sein und wohl
bemerkt, als eines der kürzesten dauernden Projekte, ein Album herausgebracht.
Das soll ihnen erst einmal einer nachmachen.
Es werden noch 6 Konzerte stattfinden. Letztmalige Chance.