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15.04.2011 Berlin - Seilschaft + Christian Haase Bericht: Gabriele Balk / Fotos: Katrin Domschke
Es ist Freitag, endlich Wochenende, so denken sicher viele an jenem Abend, einige verkriechen sich aufs heimische Sofa, andere fahren auf ihre Grundstücke hinaus ins Grüne und wieder andere zieht es zum Berliner Postbahnhof um Erinnerungen wach werden zu lassen an eine vergangene aber längst nicht vergessene Zeit, "die Seilschaft" ist wieder da! Nur weinige Meter von dem Ort, wo die sogenannten "Großen" spielen, ich erinnere mich dran, dass mein Sohn dort zum Bushido- Konzert war (P.S. über Geschmack und Größe lässt sich bekanntlich streiten :-)), und noch nicht vor all zu langer Zeit war ich selbst dort zum Spiel der Berliner Eisbären, befindet sich der Postbahnhof. Mir war bis ich selbst davor stand nicht bewusst, wie nahe diese beiden "Eventtempel" nebeneinander liegen. Wer aber sind die "Großen" oder eher die kleinen Lichter am Himmel der Stars, sind es wirklich jene, die die riesigen Hallen füllen, oft nur, weil sie sich diese auch finanziell leisten können oder weil sie einen Namen haben, der uns Dank wahnsinnig teurer Werbekampagnen von den Medien regelrecht eingebläut wird? Für mich sind die wahren "Großen" ganz andere, es sind die, die noch unter die Haut gehen, die mich berühren, die mich erreichen mit all dem, was für sie selbst eigentlich "Arbeit" oder "Broterwerb" ist, die wahren "Großen" sind die, die noch Spaß und Freude an ihrem Job dort oben auf der Bühne haben, von denen dieser Spaß auch noch ausstrahlt ins Publikum, deren Beruf nicht nur Geld verdienen ist sondern auch Berufung, es sind die, die mich für ein paar Stunden die Sorgen des Alltags vergessen lassen können. Und so "steppte der Bär" an jenem Freitagabend nicht nur in der großen O2 World auf dem Eis, sondern auch nebenan bei einem Konzert der Spitzenklasse, einem Highlight für Herz und Seele, bei einer "groß" - artigen Band. Ganz unwillkürlich "scannen" meine Augen auch das Publikum; was sind das für Menschen, die ihre Couch oder ihr Grundstück am Freitag Abend gegen eine dunkle stickige Konzerthalle tauschen, die zu einer Band kommen, die sich "die Seilschaften" nennen und Texte interpretieren von einem wirklich "Großen", der viel zu früh gehen musste und kaum zu überbieten ist, vergleichbar mit Silly ohne Tamara, die es doch schaffen in ihrem Sinne weiter zu machen, ohne sie und doch in (mit) ihrem Geist? Wer also geht in diese Konzerte, sind es Menschen jenseits der 50 die schon in uralter Zeit der ostmusik verfallen waren, sind es sogenannte "Ostalgiker"? Ich persönlich kann hier nur vier Besucher realistisch beurteilen, einer davon bin ich selbst, noch nicht jenseits der 50 und auch kein Ostalgiker, eben nur jemand, der irgendwann anfing, genauer auf die Texte zu schauen, sich mehr zu interessieren für die Musik, ohne einen "Ost-West-Hintergrund". Über das restliche Publikum kann ich nur spekulieren, ich denke aber, dass viele Menschen da sind, die diese Art Musik "neu" entdeckt haben, sie sind einfach noch zu jung u nd sicher wäre es vermessen, allen zu unterstellen, dass sie auf einer "Ostalgie - Wellenlänge" abfahren. Aber selbst jene, bei denen es so ist, was wäre so schlecht daran??? Was auffällt ist das "Mischungsverhältnis", viele jung gebliebene Alte aber auch junge Menschen, ganz anders als ich es bei einem Konzert einer anderen "Ostband" erlebt hab (ich möchte den Namen nicht nennen), auf welchem ich das Gefühl hatte eher an einer Kaffeefahrt teilzunehmen als an einem Rockkonzert, ohne dies als Qualitätsmakel des Konzerts selbst anzusehen. Musik, die berührt, die tief unter die Haut geht, so hab ich es empfunden, da gab es Titel, die sogar die Tränendrüsen "zuhören" ließen durch ihre tiefsinnigen Texte, aber auch durch die Art der Interpretation, Stimme, Klang der Instrumente und das Harmonieren der Bandmitglieder. Jedes noch so inhaltsreiche Lied würde keine Gänsehaut hervorrufen, wenn die Darbietung nicht stimmig ist, es ließe uns kalt, wenn kein Herzblut der Interpreten drin liegt, aber die Seilschaft legte alles hinein, was möglich ist, sie sangen und spielten nicht nur, sie "lebten" die Songs. Egal ob langsam oder rockig, in jedem Titel schwangen die Emotionen, jeder Titel berührte auf seine Weise, drang unter die Haut bis zu herz und Seele vor und hallte noch lange nach. In das Programm waren kleine, aber herzergreifende Geschichten eingestreut, ob nun vom kleinen Jungen, der am Ostseestrand zum Ritter und Möwenfänger wird oder vom Bären und dem´schlauen Ha(a)sen, der seine "Größe" darin beweist, dass er noch redet....diese Anekdoten oder Fabeln waren zum richtigen Zeitpunkt in das Programm eingewoben und genau so bewegend erzählt wie eben auch die Interpretation der Gundermann Texte drum herum. An der Stelle fällt mir ein, dass es um mich herum viele Leute gab, die die kompletten Texte mit sangen, und es sind keine Texte, wie sie in jedem zweiten Schlager zu hören sind, das spricht dafür, wie stark "Gundi" auf sein Publikum gewirkt hat und heute noch wirkt. Beeindruckt hat mich auch die Ausdauer der Gruppe, ohne Pause spielten sie mit ständig steigender "Power" weit über zwei Stunden, keine Zeichen der Ermüdung, ganz im Gegenteil. Nur ein kleiner Wermutstropfen schleicht sich ein, bei der Länge des Konzerts wurde der Ort des Geschehens zu einer Kraftprobe fürs Publikum, auch wenn der Postbahnhof einen nostalgischen Charme besitzt, aber stundenlanges Stehen in erdrückender Enge und in stickiger Luft fordert ein hartgesottenes Publikum, kreislauf- und rückenstabil ohne Platz- und Berührungsangst. Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn die Seilschaft "nebenan" gespielt hätte, dort wo die sog. "Großen" sind? Sicher wäre die Stimmung genau so großartig, vielleicht mehr noch, die Seilschaft kann etwas, wovon andere nur träumen, sie geben dem Publikum etwas zum Mitnehmen, eine Berührung, die nachhaltig in der Erinnerung spürbar bleibt, DANKE dafür.