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06.06.2023 Dresden - Tino Eisbrenner und Tobias Morgenstern Bericht + Fotos: Marion Dudel (Mary)
Als dieser tolle junge Typ, Tino Eisbrenner, mit seiner Band „Jessica“ 1983 begann, hatte ich bereits andere Pflichten, als mich um Musik und gar noch Live-Musik zu kümmern. Ich kümmerte mich zu dieser Zeit vorwiegend um meine 3 Kinder. Aber natürlich bekam ich vieles mit. Ich sah den rotbemützten jungen Mann und …, auch mein Herz flog ihm zu, nur so symbolisch natürlich. Was damals war, lasse ich nun mal außen vor, mir ist der Eisbrenner von heute wichtig. Ja, jetzt, genau jetzt habe ich Zeit und Muse Konzerte live zu erleben. Und natürlich holte ich nach, was ich meinte, damals versäumt zu haben. Ich weiß es noch genau, wann es war, dass mein Interesse für Eisbrenner (wieder) geweckt wurde. Ich traf ihn eher zufällig am Dresdner Kulturpalast. Natürlich war ich erfreut und als er dann noch fragte, ob ich am Abend auch zum Konzert komme, war mir klar, ich geh dahin, auch wenn ich noch keine Eintrittskarte besaß. Aber ich bekam noch eine. Und hier, genau hier, begann ich, ihn wieder zu „beobachten“. Ich hatte ja schon seit geraumer Zeit festgestellt, dass es nicht nur seine Musik ist, die mich anzieht, er mag Indianer (ich bleibe bei diesem Wort, da ich es NIE abwertend meinte), wie ich, hat genauso wie ich auch, Schnipsel aus Zeitungen eingeklebt, auf denen Gojko Mitić abgebildet war. Sowas verbindet... Dieses erste Live Konzert damals hat mich beeindruckt und irgendwie abhängig gemacht. Ich beobachte seitdem alles, alles, was er tut. Tino Eisbrenner ist ein Mensch, der gegen jeden Sturm zu seiner Meinung steht. Und so hat er gegen den Plan der jetzigen Zeit, alles, was aus Russland kommt, zu verunglimpfen, Denkmale abzubauen, Bücher zu verbieten, den Mut gehabt, an den russischen Autor „Alexander Sergejewitsch Puschkin“ zu erinnern. An der Kreuzkirche in Dresden, im Mauersberger Saal fand eine Veranstaltung statt, „Ein Augenblick gehörte mir“ zum 224 Geburtstag von Puschkin. Natürlich war ich wieder einmal viel zu früh da. Ich hatte noch keine Eintrittskarte und wollte irgendwie unbedingt dabei sein. Was soll ich sagen, ich kam dort ins Gespräch mit Mitgliedern vom russischen Zentrum in Dresden, die diesen Abend veranstalteten, was ich bis dahin nicht wusste. Ich wusste auch nicht, dass sie so nah bei mir ihren Sitz haben. Nun gut, den Vorschlag, die Buchhaltung zu übernehmen, sozusagen professionell einzusteigen, lehnte ich erst mal ab. Dafür gibt es sicher kompetentere Leute, aber Fakt ist, ich werde sie besuchen auf der Zittauer Straße in Dresden. Ja, wir „Ossi-Kinder“ hatten teilweise unsere gespaltene Meinung zur russischen Sprache, weil uns alles irgendwie aufgedrückt wurde. Das begann schon damit, dass man in der DSF sein musste… Ich für meinen Teil habe zeitlebens gute Erfahrungen gemacht mit Freunden, die aus dem Russischen kamen. Brieffreunde, später durch meinen Bruder Besuche von Sascha, der immer mit einem „übervoll“ beladenen, klapprigen Auto zurück in die Heimat fuhr. Für uns Jahr für Jahr ein Wunder, dass er dort auch heil ankam. Ja, inzwischen ist alles etwas abgeklungen, aber irgendwie sagt mir dieser Konzertabend mit Tino Eisbrenner und Tobias Morgenstern…, lass es wieder aufleben, gerade jetzt. Denn es sind Menschen wie wir, die uns mögen, akzeptieren, trotz unserer unrühmlichen Vergangenheit, mit der natürlich ihr und ich eigentlich nichts mehr zu tun haben… Aber vergessen sollte man das nie! Wer also kann uns vorschreiben, ein Volk, DIESES Volk, einfach zu ignorieren? Russische Worte flogen mir um die Ohren…, paar verstand ich sogar noch, beim Warten am Einlass. Ich gehöre ja zu denen, die mit ihren geliebten Musikern bangt um volle Plätze. Und so konnte ich mir an diesem Abend nicht verkneifen dahingehend negativ zu denken und sprach das auch aus. Der Arme…, da wird es leere Stühle geben… Aber, weit gefehlt, die Plätze waren fast alle besetzt. Ich hatte nicht mit dieser Resonanz der Dresdner Russen gerechnet. Meist war es wirklich russissches Publikum. Warum wohl…, Tino Eisbrenner wurde eingeladen zum Festival „Фестиваль Дорога на Ялт“ und hat dort mit der bezaubernden Sängerin Зара (Zara), "Журавли - Kraniche" vorgetragen und den zweiten Platz belegt. Hier in Deutschland wurde davon natürlich nicht berichtet. Und trotzdem waren die vielen Menschen hier…, weil sie genau diesen „Deutschen“ sehen und erleben wollten. Ich habe nach dem Konzert viele persönliche und teilweise euphorische Worte mitbekommen, als Russinnen erklärten, sie hätten das Video geschickt bekommen, waren begeistert und nun wäre „er“ hier, Tino Eisbrenner… Er hat für mich etwas von einem Wanderer zwischen den Welten… Das Konzert an jenem Abend lebte auch vom Klavier-, aber vorallem vom Akkordeonspiel von Tobias Morgenstern. Ich bin nun mal ein „Ostkind“ und wenn ein Akkordeon so spielt, seh ich einfach die Russinnen in ihren Kostümen, wie sie sich wiegen und tanzen. Es passte perfekt. Auch eine Geschichte, gelesen von Tino Eisbrenner fehlte nicht, es war einfach berührend. Und wenn er dann zur Gitarre griff, blieb der Applaus nicht aus, ganz besonders, als er den Festival-Titel „Kraniche“ sang. Geschichten, die zum Lachen anregten waren auch dabei. Wisst Ihr, wie schön es sich anfühlt, wenn ein ganzer Konzertsaal lacht? Hier lachten Menschen zusammen, die sich, wenn es nach unserer Regierung ginge, nicht mal ansehen sollten. Es war ein Abend der Emotionen, die tief ins Herz gingen. Nein, es war keine „Mugge“, die man mal so besucht, hier war mehr gefordert, wirklich zuhören… Danke Tino. Aber ich wusste ja, schon bald erlebe ich Dich wieder mit einem andern Programm im „Putjatinhaus“ in Dresden, was irgendwie eine Brücke zum gerade erlebten Abend baut… Ich mochte den jungen Mann mit der roten Mütze. Aber dieser streitbare, sich für das einsetzende, was ihm am Herzen liegt, dieser Kämpfer…, den mag ich noch mehr. Pass auf Dich auf, Tino und bleibe Dir immer treu.
„Ein Augenblick gehörte mir“ zum 224. Geburtstag von Puschkin