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02.06.2023 Freiberg - Der Sachsendreier Bericht + Fotos: Marion Dudel (Mary)
Als ich las, der Sachsendreier tritt wieder auf, war ich leicht verwirrt. Der Sachsendreier sind „Stern Combo Meißen“, „Lift“ und „Electra“. Electra gibt es schon seit 2015 nicht mehr. Ich war damals beim allerletzten Konzert in Obervogelgesang dabei und hatte Tränen in den Augen. Dieses „Dreiergespann“ waren meine Lieblingsbands, weil sie aus meiner Heimat kamen, sie haben mich durch meine Jugend bis weit ins „älter werden“ begleitet. Wie also konnte es ein Konzert des „Sachsendreier“ geben? „Karussel“ sollte den Part von Electra übernehmen. Gut, die Karusseller mag ich auch sehr, sehr sogar und sie kommen ja auch aus Sachsen. Trotzdem hatte ich und habe ich meine Zweifel, ob man einfach den Namen „Sachsendreier“ weiter verwenden sollte. „Der neue Sachsendreier“ klingt doch auch nicht schlecht. Beinhaltet, was man erwartet und alle, die den „Sachsendreier“ kennen, wissen, jetzt kommt was Neues. Die Veranstaltungsorte lagen leider nicht in dem Bereich, den ich für mich jetzt noch auserwählt habe, aber…, es ergab sich eine Möglichkeit nach Freiberg ins Tivoli zu fahren, wo das erste Konzert stattfinden sollte. Das Tivoli ist für mich ein Veranstaltungsort mit großer Ostrockgeschichte. Darauf möchte ich aber nicht weiter eingehen. Ich war aufgeregt, wie ein Kind vor Weihnachten. Wie lange hat mir dieser „Dreier“ schon gefehlt… Nachdem der Stehplatz am Bühnenrand gesichert war, hatte ich Zeit, mich umzusehen. Sitzplätze gab es im hinteren Bereich, allerdings teurer als mein Stehplatz an der Bühne und das bei schlechterer Sicht… Na gut, aber darüber nachzudenken, fehlte mir an diesem Abend die Muse. Ich wollte sie hören, genau die Musik, die ich so viele Jahrzehnte geliebt habe. Der Blick auf die Bühne zeigte im Hintergrund in großen Buchstaben „SACHSENDREIER“ und auf der Bühne standen unzähliche Keybords, Vorfreude stellte sich verstärkt ein. Zu Beginn wurde man informiert, dass man filmen und fotografieren darf unter der Bedingung, dass alles Material für Presse, Werbezwecke etc. verwendet werden kann, falls man es veröffentlicht. Außerdem sollte man den Zusatz „Sachsendreier 2023“ verwenden. Vielleicht doch ein Hinweis darauf, dass es etwas Neues ist? Damit habe ich kein Problem. Hauptsache ich darf überhaupt fotografieren. Das Filmen habe ich an diesem Abend bewusst unterlassen. Es wären keine schönen Aufnahmen geworden, denn der Blick war etwas beeinträchtigt durch die Instrumente und der Ton ist von ganz vorn am Bühnenrand meist nicht der „Bringer“. Mit schlechten Aufnahmen schadet man mehr, als man nutzt, wenn man die dann auch noch öffentlich macht. Stern Combo Meißen war die erste Band, die von „Radio Ostrock“ angekündigt, auf die Bühne kam. Danach kam „Lift“ und dann „Karussell“. Es gab zwei Sets in denen die Musiker teilweise „gemischt“ auf der Bühne standen. Und da waren sie wieder, die Klänge, die mich in eine Zeit zurückversetzten, die schon so schrecklich lange vorbei ist. Bei „Stern Combo Meißen“ erinnerte ich mich an die vielen Namen, die diese Band als Sänger/Frontmann begleitet haben und dachte bei mir, Manuel Schmid ist ein Goldgriff und wird mit Sicherheit der letzte Sänger der Band sein. 60 Jahre wird die Stern Combo Meißen! Martin Schreier als Gründer ist immer noch dabei, nur verhalten, meist im Hintergrund, aber immer noch dabei. Gänsehaut bei „Die Sage“ wie immer. Diesmal lud man Joe Raschke von Karussell ein, einen Part zu übernehmen. Und, er machte es gut. Bei „Der Alte auf der Müllkippe“ erinnerte ich mich an Norbert Jäger, der hier immer in Aktion kam. Ein wenig musste ich dann auch in mich gehen und zwar, als die Titel der 80iger Jahre von SCM kamen, als IC Falkenberg als Frontmann einstieg. „Wir sind die Sonne“, „Eine Nacht“, „Dein Herz“… Zu dieser Zeit hatte ich die Stern Combo eigentlich erstmal abgewählt, weil es eben nicht mehr „die“ Sterne waren… Das ist aber seit langer Zeit Geschichte, ich mag Falkenberg inzwischen schon lange und so sang ich auch hier lauthals mit. Seltsam, dass man all die Textzeilen immer noch im Kopf hat. „Der Kampf um den Südpol“ ist einer meiner Lieblingstitel. Ich hatte als junges Mädchen einen Film gesehen über Amundsen und Scott und wenn ich diesen Titel höre, muss ich daran denken. Manuel Schmid ist ein wunderbarer Frontmann für SCM und bringt alles tief aus dem Herzen rüber zum Publikum. Lift war der zweite Aktionspunkt des Konzerabends. Werther Lohse, ist der letzte Musiker der Band Lift, wie es sie mal gab und an seiner Seite an diesem Abend auch Andreas „Bruno“ Leuschner am Keybord. Er ist eigentlich ein winziges Glied zum alten Sachsendreier. Denn er gehörte ja zu Electra. Hat aber auch schon viele Jahre bei den „Geschichten vom Sachsendreier“ mitgewirkt zusammen mit Werther Lohse und Stephan Trepte (früher war es Reinhard Fißler). Mit Werther Lohse flog ich dann noch einmal „Nach Süden“, sang mit bei „Ach du falsche Schöne“, begab mich auf die „Tagesreise“, „Am Abend mancher Tage“ rief mir in Erinnerung welch schweres Schicksal Henry Pacholski und Gerhard Zachar 1978 traf, denn dieser Titel entstand danach und ich hatte Tränen in den Augen bei „Mein Herz soll ein Wasser sein“, weil ich nicht anders konnte, ich musste an Stephan Trepte denken. „Drum und Bass sind auch bei Lift „verjüngt“. Manchmal schaue ich mir diese jungen Musiker an und überlege mir, was werden die wohl denken, wenn die Alten dort unten an der Bühne einfach nur ausflippen, tanzen, klatschen und singen als wären sie nochmal 20. Als Karussell auf der Bühne erschien, war ich aufgeregt, wie ein Teenager, denn das ist die Band, die ich lange, lange nicht erlebt habe. Joe Raschke mit seiner tieferen Stimme bringt mir immer wieder Erinnerungen an Peter „Cäsar“ Gläser, besonders wenn er „Mein Bruder Blues“ singt. Neuere Titel, wie „Oben sein“, „Wer wenn nicht wir“ bauten Brücken zu alten „Gassenhauern“ wie „Mc Donald“ und „Autostop“. Bei letzterem war ich nicht mehr zu halten, sang nicht, sondern schrie mit. Es ist einfach eine Hymne meiner Jugend. Berührend war für mich, wenn sich die Sänger der drei Bands „mischten“ und einzelne Titel zusammen sangen, so z.B. bei „Wer die Rose ehrt“. Auch „Bruno“ kam hier als Sänger hin und wieder zum Einsatz. Bruno (Andreas Leuschner) ist und bleibt für mich hier die Brücke zu Electra. Es gab eine Pause, nach der Jörg Stempel auf der Bühne stand und einige Fragen von Radio Ostrock beantwortete. Im Großen und Ganzen war dieser Abend für mich eine wunderbare Reise in die Vergangenheit. Aber nicht nur das, dieser Abend hat mir wieder einmal gezeigt, welch wunderbares Liedgut hier entstanden ist. Diese Musik sollte NIEMALS sterben! Schön, dass Manuel Schmid einer der leider Wenigen ist, die das erkannt haben und viele dieser Titel auch in seinen Soloprojekten vorträgt. Was mich aber ganz besonders freute, keine der drei Bands vergaß, an die zu erinnern, die schon nicht mehr unter uns sind. So erinnerte Stern Combo Meißen an Thomas Kurzhals, Reinhard Fißler und Norbert Jäger. Joe Raschke erwähnte Peter „Cäsar“ Gläser, bevor er „Mein Bruder Blues“ sang. Werther Lohses Liste der Sänger, die nicht mehr unter uns weilen, war die längste…, Henry Pacholski, Gerhard Zacher, Stephan Trepte, Christiane Ufholz, Till Patzer… An die zu erinnern, die einen Teil der Bandgeschichte mitgeschrieben haben, ist eine rührende Geste, die zu Herzen geht. Ich dachte in diesem Moment an einen, der bei solchen Konzerten ganz vorn an der Bühne nie fehlte und auch viel zu früh gegangen ist, „Kundi“ Gundolf Zimmermann… Nein, ich „meckere“ nicht mehr…, aber „Der neue Sachsendreier“ oder „Sachsendreier 2“ wäre trotzdem besser… Danke an alle, die dazu beigetragen haben, dass es so einen Abend geben kann!