Resolution von Rockmusikern und Liedermachern
zur inneren Situation und zum Aufruf des neuen Forums (18.09.1989)
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Wir, die Unterzeichner dieses Schreibens, sind besorgt über den augenblicklichen
Zustand unseres Landes, über den massenhaften Exodus vieler Altersgenossen,
über die Sinnkrise dieser gesellschaftlichen Alternative und über die unerträgliche
Ignoranz der Staats- und Parteiführung, die vorhandene Widersprüche bagatellisiert
und an einem starren Kurs festhält.
Es geht nicht um "Reformen, die den Sozialismus abschaffen", sondern um
Reformen, die ihn weiterhin in diesem Land möglich machen. Denn jene momentane
Haltung den existierenden Widersprüchen gegenüber gefährdet ihn. Wir begrüßen
ausdrücklich, dass Bürger sich in basisdemokratischen Gruppen finden, um die
Lösung der anstehenden Probleme in die eigene Hand zu nehmen, dieses Land
braucht die millionenfache Aktivierung von Individualität, die alten Strukturen sind
offenbar kaum in der Lage dazu. So haben wir den Aufruf des NEUEN FORUM zur
Kenntnis genommen und finden in dem Text vieles, was wir selber denken, und noch
mehr, was der Diskussion und des Austausches wert ist. Wir halten es für überfällig,
alte Feindschaften und Vorbehalte abzubauen und zu überwinden.
Es ist nun wichtig, dass der politische Wille großer Teile der interessierten
Bevölkerung eine positive Entsprechung "von oben" findet. D.h. auch die
Anerkennung dieser Gruppen, ihre Tolerierung und Einbeziehung in das Gespräch
und in die Gestaltung dieser Gesellschaft, wie es die Verfassung der DDR mit ihren
Bestimmungen gebietet. Dieses unser Land muss endlich lernen, mit anders
denkenden Minderheiten umzugehen, vor allem dann, wenn sie vielleicht gar keine
Minderheiten sind. Das Anwachsen rechtsextremer und konservativ-nationaler
Elemente auch bei uns, das Beliefern gesamtdeutscher Anschauungen ist ein
Ergebnis fehlenden Reagierens auf angestaute Widersprüche und historisch
unverarbeitete Tatsachen. Linke Kräfte fallen dieser Politik des Festhaltens erneut
zum Opfer. Wir wollen in diesem Land leben, und es macht uns krank, tatenlos mit
ansehen zu müssen, wie Versuche einer Demokratisierung, Versuche der
gesellschaftlichen Analyse kriminalisiert bzw. ignoriert werden. Wir fordern jetzt und
hier sofort den öffentlichen Dialog mit allen Kräften. Wir fordern eine Öffnung der
Medien für diese Probleme.
Wir fordern die Änderung der unaushaltbaren Zustände. Wir wollen uns den
vorhandenen Widersprüchen stellen, weil durch ihre Lösung und nicht durch die
Bagatellisierung ein Ausweg aus dieser Krise möglich sein wird. Feiges Abwarten
liefert gesamtdeutschen Denkern Argumente und Voraussetzungen. Die Zeit ist reif.
Wenn wir nichts tun, arbeiten sie gegen uns!
18.9.1989 Unterzeichner: G.Schöne, A.Herzberg, H.E. Wenzel, J.Brumme,
J.Gersdorff, C.Eitner, E.Lemke, R.Nawrath, u.v.m.
Verteiler: ADN, ND, JW, FDGB, Ferns.d.DDR, Rundf.d.DDR, ZK d.SED, MfK,
Staatsrat, GD b.Kom. F.UK, Volkskammer, Schriftstellerverband, VBK, FDJ,
Theaterverband, VdJ, MfS, MdI